Cyberangriff: Was tun im Ernstfall?

Keine Panik im Cyber-Notfall

Der Alptraum beginnt häufig mit einer harmlosen E-Mail: Ein Cyberangriff kann jedes Unternehmen treffen – unabhängig von Branche oder Größe. Entscheidend ist nicht nur die technische Absicherung, sondern vor allem, wie gut Sie und Ihr Team auf das Szenario vorbereitet sind.
In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie im Fall eines Cyberangriffs schnell, strukturiert und wirksam reagieren.


Das Wichtigste zu Cyberangriffen im Überblick

  • Jedes Unternehmen ist gefährdet: Laut Bitkom-Studie „Wirtschaftsschutz 2024“ waren 81 % der deutschen Unternehmen bereits Opfer von Cyberangriffen
  • Zeit ist kritisch: Die ersten 60 Minuten entscheiden über das Ausmaß des Schadens
  • Sofortmaßnahmen retten Existenzen: Schnelle Isolation betroffener Systeme verhindert Totalschäden
  • Professionelle Hilfe ist unverzichtbar: Incident-Response-Teams minimieren Ausfallzeiten um bis zu 70 %
  • Prävention ist günstiger als Schadensbehebung: Durchschnittlich belaufen sich die Kosten pro Cyberangriff in Deutschland auf 4,9 Millionen Euro [Stand 2024]


Was bedeutet Cyberangriff?

Ein Cyberangriff ist ein Angriff auf digitale Systeme, Netzwerke oder Daten mit dem Ziel, diese zu kompromittieren, zu manipulieren oder zu zerstören. Die Motivation reicht von finanziellen Interessen über Wirtschaftsspionage bis hin zu politischen Motiven.
Laut „Cost of a Data Breach Report 2024“ von IBM sind Phishing und Social Engineering weiterhin die häufigsten Einstiegspunkte – zum Beispiel über Bewerbungs-E-Mails mit infizierten PDF-Dateien


Welche Hackerangriffe gibt es?

Hacker sind kreativ – und ihre Angriffsmethoden entwickeln sich ständig weiter.
Die folgende Tabelle verschafft Ihnen einen Überblick über die gängigsten Arten von Cyberangriffen, mit denen Unternehmen heute konfrontiert sind.

Angriffstyp

Beschreibung

Schadenspotenzial

Ransomware

Verschlüsselung von Daten gegen Lösegeld

Sehr hoch

Phishing

Täuschung zur Preisgabe von Zugangsdaten

Hoch

Malware

Schädliche Software zur Systemkompromittierung

Mittel bis hoch

DDoS-Attacken

Überlastung von Servern und Netzwerken

Mittel

Social Engineering

Manipulation von Mitarbeitern

Hoch

Insider-Bedrohungen

Angriffe durch eigene Mitarbeiter

Sehr hoch

Supply-Chain-Angriffe

Kompromittierung über Lieferanten

Extrem hoch

 

Anzeichen für einen laufenden Cyberangriff

Cyberangriffe verlaufen selten spektakulär. Genau das macht sie so gefährlich. Viele Unternehmen merken erst spät, dass sie betroffen sind – und verlieren dadurch wertvolle Zeit. So zeigt der IBM Cost of a Data Breach Report 2024, dass es im Schnitt 292 Tage dauert, bis Data Breaches im Zusammenhang mit gestohlenen Zugangsdaten identifiziert und eingedämmt werden.
Je früher Sie die folgenden Warnzeichen erkennen, desto besser können Sie den Schaden begrenzen und Ihr Unternehmen vor dem Cyberangriff schützen.

Systemanomalien

  • Unerklärlich langsame Systeme: Ihre gewohnt schnelle Buchhaltungssoftware braucht plötzlich 5 Minuten zum Laden
  • Ungewöhnliche Netzwerkaktivitäten: Nachts um 3 Uhr werden massenhaft Daten übertragen, obwohl niemand arbeitet
  • Programm-Abstürze: Standardprogramme stürzen ohne erkennbaren Grund ab

 

Verdächtige Aktivitäten

  • Ungewöhnliche Logins: Zugriffe aus geografisch unwahrscheinlichen Standorten (zum Beispiel China um 2 Uhr nachts)
  • Neue, unbekannte Benutzerkonten: Plötzlich existieren Admin-Accounts mit Namen wie „support_temp“
  • Veränderte Dateien: Wichtige Dokumente haben andere Größen oder Änderungsdaten

 

Klare Bedrohungsindikatoren

  • Verschlüsselte Dateien: Ihre Excel-Tabellen haben plötzlich Endungen wie .crypto oder .locked
  • Erpressernachricht: Ein Textdokument namens „README_DECRYPT“ erscheint auf dem Desktop
  • Sicherheitswarnungen: Ihr Antiviren-System meldet blockierte Verbindungen oder Malware-Funde

 

Beispiel: Ein Steuerberater bemerkte, dass seine Kanzlei-Software 10 mal langsamer lief. Gleichzeitig erhielt er E-Mails über nächtliche Anmeldungen. Drei Tage später waren alle Mandantendaten verschlüsselt. Hätte er sofort reagiert, wäre der Schaden minimal geblieben.


Checkliste: Cyberangriff-Sofortmaßnahmen im Ernstfall

Von der ersten Alarmierung bis zur Kommunikation nach außen: Mit dieser Checkliste behalten Sie im Falle eines Cyberangriffs einen kühlen Kopf.

  1. Incident Response Team aktivieren
  • Sofort: Informieren Sie Ihre IT-Verantwortlichen
  • Parallel: Benachrichtigen Sie Geschäftsführung und Datenschutzbeauftragte
  • Dokumentation: Protokollieren Sie alle Maßnahmen mit Zeitstempel

 

  1. Betroffene Systeme isolieren
  • Netzwerkverbindungen trennen: Ziehen Sie Netzwerkkabel, deaktivieren Sie WLAN
  • Keine Geräte ausschalten: Wichtige Spuren könnten verloren gehen
  • Quarantäne: Isolieren Sie verdächtige Systeme physisch

 

  1. Backups prüfen – aber nicht sofort einspielen
  • Backup-Integrität überprüfen: Sind die Sicherungen noch sauber?
  • Offline-Backups lokalisieren: Diese sind meist noch unversehrt
  • Wartezeit einhalten: Erst nach forensischer Analyse wiederherstellen

 

  1. Externe Spezialisten hinzuziehen
  • Incident-Response-Team: Professionelle Hilfe in den ersten 4 Stunden
  • Forensik-Experten: Für Beweissicherung und Ursachenanalyse
  • Rechtsberatung: Für Meldepflichten und Haftungsfragen

 

  1. Kommunikationsstrategie definieren
  • Interne Kommunikation: Informieren Sie alle Mitarbeiter einheitlich
  • Externe Kommunikation: Bereiten Sie Kunden- und Medieninformationen vor
  • Behörden: Melden Sie den Vorfall gemäß DSGVO-Vorgaben


Expertenstimme 

„Panik ist die schlechteste Strategie im Cyber-Notfall. Unternehmen, die vorbereitet sind und im Fall eines Cyberangriffs strukturiert vorgehen, können den Schaden auf circa ein Fünftel dessen reduzieren, was bei planlosem Reagieren entsteht. Der entscheidende Faktor ist nicht die Krise selbst – sondern, wie gut man im Vorfeld darauf eingestellt ist.“

Benedikt Leisten, Geschäftsführer der WeDoIT GmbH


Cyberangriff? Diese Fehler sollten Sie vermeiden

  • Zu langes Zögern oder Leugnen

Der Fehler: „Das ist bestimmt nur ein Hänger im System – warten wir bis morgen ab.“
Die Konsequenz: Jede Stunde kostet das Unternehmen mehr Geld.

  • Unkoordinierte Maßnahmen einzelner Teams

Der Fehler: IT, Geschäftsführung und Vertrieb handeln parallel ohne Abstimmung.
Die Konsequenz: Widersprüchliche Aussagen, vernichtete Beweise, rechtliche Probleme.

  • Kein Krisenkommunikationsplan

Der Fehler: Improvisation bei Kunden- und Medienanfragen.
Die Konsequenz: Vertrauensverlust, der oft schwerer wiegt als der technische Schaden.

  • Sofortiges Wiederherstellen von Backups

Der Fehler: Panische Wiederherstellung ohne Ursachenanalyse.
Die Konsequenz: Erneute Infektion nach wenigen Stunden.


Fazit zum Cyberangriff: Gut vorbereitet ist halb gewonnen

Ein Cyberangriff ist heute keine Ausnahme mehr, sondern eine realistische Gefahr für Unternehmen jeder Größe. Eine Rolle spielt dabei nicht nur, ob Sie betroffen sind, sondern wie gut Sie vorbereitet sind, wenn es passiert. Definieren Sie im Vorfeld klare Abläufe, sensibilisieren Sie Ihr Team und greifen Sie auf professionelle Unterstützung zurück – damit Sie auch in der Krise handlungsfähig bleiben.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um aktiv zu werden: Entwickeln Sie einen Incident-Response-Plan, schulen Sie Ihre Mitarbeitenden im Erkennen von Warnsignalen und bauen Sie externe Kontakte zu IT-Sicherheitsexperten auf. Denn im Ernstfall zählt jede Minute.


FAQ zu Cyberangriffen

Wie schnell muss ich auf einen Cyberangriff reagieren?
Innerhalb der ersten 60 Minuten. Danach steigt der Schaden exponentiell an. Die „Golden Hour“ der Cyber-Sicherheit ist das sprichwörtliche Zünglein an der Waage.

Soll ich bei einem Ransomware-Angriff das Lösegeld zahlen?
Nein, in erfahrungsgemäß 80 % der Fälle erhalten Sie trotz Zahlung nicht alle Daten zurück. Zudem finanzieren Sie weitere Angriffe und machen sich möglicherweise strafbar.

Wie erkenne ich eine Phishing-E-Mail?
Achten Sie auf dringliche Sprache, ungewöhnliche Absender, verdächtige Links und Rechtschreibfehler. Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl – im Zweifel nicht klicken.

Muss ich einen Cyberangriff melden?
Ja, bei Datenschutzverletzungen haben Sie 72 Stunden Zeit für die Meldung an die Aufsichtsbehörde. Bei kritischen Infrastrukturen gelten zusätzliche Meldepflichten.

Welche Versicherung hilft bei Cyberangriffen?
Eine passende Cyber-Versicherung kann Schäden abdecken. Häufig geschieht dies aber nur bei nachgewiesenen Sicherheitsmaßnahmen.

Wie lange dauert die Wiederherstellung nach einem Hackerangriff?
Durchschnittlich 21 Tage für kleinere Unternehmen, bis zu 6 Monate für komplexe Systeme. Erfahrungsberichte zeigen: Mit professioneller Hilfe reduziert sich diese Zeit um 50 bis 70 %.